Es ist nicht erstaunlich, wie sehr Hass geliebt wird. Denn er ist Liebe, ansteckende Liebe. Liebe zur Selbstgerechtigkeit und Selbstgerichtsbarkeit.
Hass ist ein großes, das Ich vergrößerndes Gefühl, ein heißes, das Blut bis in das letzte verschrumpelte Äderchen pumpt: Du fühlst dich, als wärst du am Leben! Hass verstärkt sich in Gemeinschaft – Miteinander-Hassen: das ist die große Gemeinschaft, die Einheit, die Glückshormone ausstößt und Kraft verleiht, denen, die sich ihrer Ohnmacht hingeben beim Abfeiern von Hass.
Hass konzentriert seine große verneinende Kraft, seine Liebe, auf den Tod. Seine Liebe? Der Hassende hält sich für einen großen Liebenden – er glaubt die Liebe zur Freiheit sei es, die ihn hassen lässt. Hass ist das große Gefühl der Freiheit und Befreiung.
Hass ist laut und schreit und brüllt und tobt. Das tut so gut! Lass es raus, lass dich gehen! – Hass liebt keine Unterdrückung, am wenigsten die eigene. Hass braucht Luft, die stickige Luft um dich und Feuer und Menschen zum Verbrennen und Zerfleischen.
Was kommt nach Hass? Daran denkt der Hassende nicht.
Hass ist anhaltender als das, was wir Liebe nennen, ist ausdauernder. Er ist ansteckend und gefräßig, immer hungrig und wird nie satt und macht niemanden satt. Hass baut Tunnel in dir und gräbt und gräbt und wuchert.
Lass ihn nie versiegen, den Strom, der durch deine Adern pulst, gib ihm in deiner Familie seine Bahn und ehre alle, die das Leben nur im Feuer erkennen können, wenn es sich auflöst und zum Himmel steigt. Brenne! Und zünde die Welt an. Es muss ihr ein Licht aufgehen!
Du kannst Hass vererben: Er sei dein größtes, wahrstes Gut! Du kannst ihn in Schulbücher eintragen und weitergeben, auf dass er nie vergessen werde: Bring ihn deinen Kindern bei, damit sie teilhaben an deiner großen Liebesgeschichte und zu dir werden. Und knete fleißig Gerechtigkeit hinein und einen Gott, der deine Kinder zu seinen und vor allem deinen Kriegern macht. Gib ihnen Steine, Patronengürtel und Handgranaten mit auf ihren Schulweg und jemand, der zu hassen ist: Es gibt immer einen! – Das ist die einfache Parole, die Hass lehrt. Töte nicht den Hass in dir, töte den, den du hasst – und es geht dir gut und besser und immer besser mit jeder Leiche, die du trittst. Das darfst du feiern und du wirst befeuert.
Wer Hass trinkt, wird durstig. Er wird das Getränk saufen und saufen müssen, das vor ihm ausgeschüttet wird und wenn er’s nicht sieht, dann holt er es sich und wenn er in Stiefeln darin watet. Im Blut, im süßen Blut der Rache.
Fühle! Aber denke nicht! Lass dir sagen und gib das weiter, Wort für Wort.
Es ist nicht erstaunlich, dass Hass gefeiert wird. Du merkst das aber nicht, denn du meinst, er sei Befreiung.